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Weintagebuch

Wagerl und Kistl

4. Oktober 2010

In den 1960/70er Jahren, als wir als Kinder bei der Weinlese mithelfen durften, war die Lese eine körperlich sehr anspruchsvolle und hochkomplexe Angelegenheit: die Trauben wurden in Kübel geschnitten, der Kübel in die Butte geleert und, um es den Buttenträgern nicht zu leicht zu machen, wurden die Trauben auch ordentlich eingestampft.

Die vollgeladenen Butten wurden  von kräftig gebauten Trägern ans Ende der Zeile getragen und in eine größere Wanne geleert.

Der Traktor tuckerte in den Keller, wo schon wieder die harten Männer an der Reihe waren: Herausgabeln und  Schaufeln der Trauben aus dem Bottich in den Übernahmetrog. Von dort in den Rebler und vom Rebler mit der Pumpe in die Weinpresse. Wo dann keine Trauben sondern marmeladige Maische ankam.

Jetzt versucht man die Trauben, so unverletzt wie nur möglich und im heurigen Jahr auch zurechtgeputzt, in den Keller zu bringen.

Die Trauben werden in Kistchen unterschiedlicher Farben gelegt und kommen direkt von den Kistchen in loser Schüttung in die Weinpresse.
Die Kistchen werden nach jeder Verwendung mit frischem Brunnenwasser gewaschen. Kein Umleeren, kein frühzeitiges Zerquetschen, kein vorzeitiger Kontakt mit wilden Hefen oder Schimmelpilzen, kein Zerreiben der Trauben.

Die Zeit der starken Männer ist vorbei, auch im Weingarten werden die Kistchen bequem im selbstgebastelten Wagerl mitgeführt.
Die Vinifizierung  ist vergleichbar mit den alten Ägyptern, als die Trauben in Körben gesammelt   und in loser Schüttung auf der Kelter verteilt wurden und dann mit dem eigenen Körpergewicht, mit den Füssen zerquetscht wurden.
Der dabei entstandene Druck von ca. 1 bar entsprach auch ungefähr dem Druck, den wir jetzt mit Luftdruck in unserer modernen Presse erzeugen.

Die ersten Sektgrundweine zeigen sich von sehr guter Qualität, aber doch ein bisschen zu leicht (10% Vol). Wir brauchen noch etwas reifere Trauben , damit das Cuvee auch angenehme Fülle und Wärme vermittelt.   Auch die ersten Trauben von leichtesten Veltlinern (aus jungen Rebstöcken) machen schon Freude, obwohl ich zugeben muss, dass die Ernte 2010 eine echte Herausforderung für den Winzer darstellt.

Statt mit sonnigen Tagen und kühlen Nächten werden wir mit Hochnebel, niedrigen Temperaturen und feuchtem Wetter konfrontiert. Wir geben die Hoffnung auf Sonnentage nicht auf und bemühen uns weiter, die im Weingarten zugeputzten Trauben – also bar jedem Schimmel oder fragwürdigen Beeren – ehrfürchtig in den Keller zu bringen.
       
Willi Bründlmayer mit Lesehelferin Maria.
Willi Bründlmayer mit Lesehelferin Maria.